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Anthony Cragg - Auf der Lichtung
  
Das Kunstwerk "Auf der Lichtung" von Anthony Cragg steht im Herzen von Sennestadt. Die drei Körper aus Bronze nehmen ca. 20 Quadratmeter in Anspruch. Eine der drei Plastiken ist 500 cm hoch, die zweite 1 80 cm, und die dritte hat eine Länge von 230 cm, Das abstrakte Kunstwerk fand seinen Platz am 14.12.1997 mitten auf dem neuen Marktplatz in Sennestadt: dem Reichowplatz.
Die drei Bronzeplastiken stehen oder liegen in der Mitte des runden Marktplatzes. Keine der Skulpturen befindet sich auf einem Sockel, doch bildet der Marktplatz eine Anhöhe zum Kunstwerk hin, so dass dieses etwas erhöht steht. Man muss um das allansichtige Kunstwerk herum gehen, da sich aus jeder Ansicht neue Aspekte ergeben, wobei die drei Elemente jeweils ein Dreieck miteinander bilden.
Alle drei Plastiken weisen harmonische Rundungen auf, doch jede hat ihren eigenen Akzent: hoch aufragend - lang gestreckt - kurz und gedrungen. Es fällt auf, dass oft das eine Ende eines Körpers ebenso am anderen wieder erscheint. Schwellende Formen aus konvexen und konkaven Partien bilden die voluminösen Körper aus runden, aufeinander liegenden Bronzescheiben, wie "Formeinschnürungen und hervorquellende Wülste in einer rhythmischen Abfolge", so in der Neuen Westfälischen vom 08.06.1998. Dieser Wechsel bewirkt bei den drei Kernplastiken ein Spiel zwischen Licht und Schatten. Dadurch wirken die Körper lebendiger.
Dazu trägt zudem die asymmetrische Formung der Körper bei. Die drei Formen wirken, als ob sie auf einer Töpferscheibe mit Riesenhänden gedreht worden wären, wobei sich der Ton zwischen den Fingern der gespreizten Hand vorwölbte. Oder es entsteht der Eindruck, als ob die Plastiken am Strand gelegen hätten und von Wasser, Sand und Wind abgerundet wurden.
 
Zum Künstler: Anthony Cragg
Das Kunstwerk "Auf der Lichtung" wurde speziell für diesen Platz angefertigt. Während seiner mehrmaligen Besuche inspirierte die von Menschen bewusst in die Landschaft hinein gebaute und von der Natur zum Teil wieder vereinnahmte Stadt den Künstler (OrtsGespräch, September 1997). Der Reichowplatz scheint für den Künstler wie die Lichtung in einer Waldlandschaft zu wirken, wie er einmal bekannte, daher auch der Titel des Kunstwerkes. Cragg war begeistert von der Synthese aus Natur und Stadtlandschaft. Er wollte sein Kunstwerk so gestalten, dass sich "..,in Verbindung von Landschaft, Architektur und Kunst ein harmonisches Ganzes ergibt, mit dem Bürgerinnen und Bürger sich identifizieren können" (Sennestadt Rundschau, 08.01.1998).
Der Künstler setzt sich in seinem Werk Immer wieder mit dem Kontrast von Stadt und Land auseinander. Die Kunstkritikerin Petra Bosetti schrieb über seine Arbeiten, dass er "...in seinen vieldeutigen Arbeiten den unauflöslichen Verbindungen zwischen Zivilisation und Natur nachspürt" (OrtsGespräch, September 1997). So sehen die Skulpturen einerseits aus wie von der Natur geformt, doch andererseits bestehen die Körper aus geometrisch genau berechneten Bronzescheiben. So entspringt die Plastik aus dem Grundelement der Kugel, so wie Natur und Mensch aus dem Ei, einer ungleichförmigen Kugel, entspringen.
Doch in der Zivilisation wird alles eckig gestaltet (z.B. Häuser). Es entsteht ein Widerspruch zwischen Natur und Zivilisation. Dagegen will der Künstler den Kontrast und die Verbundenheit von Natur und Zivilisation zugleich verdeutlichen. Die harmonischen weichen Formen stehen im Kontrast zu den eckigen Häuserfassaden. Doch der runde Marktplatz und die gewölbten Häuser harmonieren wieder. Er verdeutlicht, dass die moderne Architektur und die moderne Skulptur eine Einheit bilden.
Anthony Cragg selbst ist mit seinem Kunstwerk sehr zufrieden. Es ist genau so, wie er es haben wollte. Er brach mit der Tradition figürlicher Plastik in Sennestadt, weil Figuren seiner Meinung nach zu schnell abgehakt werden und nicht lange genug Fragen aufwerfen. Die große dreiteilige Bronzeplastik gehe vielmehr den Fragen nach, wo und wie sich organische und geometrische Formen treffen (Neue Westfälische, 22.12.1997). Doch will der Künstler keinesfalls die Natur und die biomorphen Formen gegen die Welt der Technik und der "toten" Materie ausspielen (Neue Westfälische, 08.06.1998). Im Gegenteil, Cragg scheut kein Material.
Durch die organischen Formen im Kunstwerk, die die organische Stadtplanung aufgreifen, erhält das Kunstwerk einen lebendigen Ausdruck. "Die Skulptur soll wie ein Lebewesen auf dem Marktplatz mitmischen" (Neue Westfälische, 22.12.1997). Deshalb kann man die Skulptur auch anfassen und zwischen den einzelnen Körpern hindurchgehen. Es freut den Künstler und lässt ihn schmunzeln, wie Menschen seine Skulpturen als fremdartige Objekte betrachten, so, als hätten sie es mit Aliens zu tun, die unbefugt in ihre Umwelt eindringen (Frankfurter Rundschau, 25.10.1999).
Auch in Sennestadt fällt vielen der Zugang zur modernen, abstrakten Kunst schwer, wie Sarah Waterkamp in ihrer Examensarbeit über das Kunstwerk feststellte.
 
Linda Rasche-Schürmann