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Peter Sommer - Grosses Strandstilleben
 
Die Plastik "Großes Strandstilleben" von Peter Sommer ist zwischen 1978 und 1981 entstanden. Sie besteht aus 17 Terrakottafiguren, die zwischen 30 und 155 cm hoch sind. Der derzeitige Standort dieser Figuren Ist der Sennestadtteich; die Plastik wurde Im Anschluss an die Ausstellung "skulptur aktuell I" 1982/83 angekauft.
Zu sehen sind 1 7 Figuren verschiedener Größe und Form, von denen die kleineren sich mehr am Rand der künstlichen Insel, auf der die Plastik steht. befinden und die größeren mehr in der Mitte angeordnet sind, wobei die größte Figur im Zentrum stehend herausragt.
Die nackt dargestellten und plump wirkenden Figuren blicken in Richtung Westen, also in Richtung des Sonnenuntergangs. Dadurch, dass einige Figuren sich leicht schräg nach hinten, also entgegengesetzt zur Blickrichtung neigen, wird eine ehrfürchtige, anbetend wirkende Haltung erreicht.
Durch die Gesichtslosigkeit und die teilweise nur angedeuteten Körperformen und Gliedmaßen wirkt die Plastik als Ganzes wie eine träge, unbewegliche Masse. Die Formen der Terrakottafiguren sind fließend, rund und organisch. In ihrer Gestalt wirken die Figuren mit ihren Ein- und Ausstülpungen wie Steinobjekte, sind aber "durch charakteristische Auswölbungen" am Vorbild der menschlichen Anatomie orientiert. Es ist ein fließender Übergang von geologischen zu figürlichen Formen erkennbar.
Konvex-konkaves Wechselspiel Ist an den Figuren In vielfältiger Weise zu beobachten, jedoch sind sie in sich geschlossen, haben also keine Durchbrüche, und wirken eher statisch, blockhaft und raumabweisend. Dies gilt allerdings nicht für die Plastik als Ganzes, die durch versetzte Anordnung der Figuren raumoffen erscheint. Die Komposition der Plastik ergibt in Ihren Linienverläufen eine pyramidale Form.
Von der Art der Bewegungsdarstellung her ist die Plastik als ein Moment des Stillstandes zu bezeichnen; ein Bewegungsfluss ist innerhalb der Plastik nicht erkennbar. Die Beschaffenheit der Oberfläche Ist eher stumpf, warm, rissig und spröde, weil es sich
um Terrakotta handelt. Zur Ansichtigkeit der Plastik bleibt zu erwähnen, dass selbige allansichtig ist, durch die Art ihrer Positionierung auf der Stadtteichinsel unterstützt. Menschheit gerührt." Im Gegensatz zu dieser Anspielung auf die Ursprünge und Anfänge werden gleichzeitig Endzeit und Untergang dargestellt, z. B. durch die Abendsonne (Blickrichtung nach Westen) oder die "seltsam ungesund wirkenden (...) Volumina der Figuren Diese Endzeitthematik, der Gegensatz von
Leben und Tod, die Darstellung von Vergänglichkeit sind charakteristisch für bestimmte Arbeiten Peter Sommers.
Es ist also durchaus möglich, in Bezug auf die Komposition, den pyramidenartigen Figurenaufbau in Richtung des "Floß der Medusa" von Gericault zu interpretieren, welches ebenfalls pyramidenförmig aufgebaut ist und in der Kunstgeschichte "ein Urbild des Untergangs" ist. Dies würde den vorher erwähnten Widerspruch von Aufgang und Niedergang, von Anfang und Ende, von Leben und Tod stützen.
Man kann aber auch den Titel "Großes Strandstilleben" als Ausgangspunkt für eine Interpretation nehmen, und in Anlehnung an die Blickrichtung der Figuren (in Richtung Sonnenuntergang) diese Plastik als Kritik an der "Massen-Sonnenanbeterei an den Stränden der Touristikhochburgen" verstehen.
Es wird also deutlich, dass Peter Sommers Plastik "Großes Strandstilleben" mehrere Interpretationen zulässt, und somit möchte ich mich im Hinblick auf dieses Faktum nicht festlegen.
ZUM KÜNSTLER: PETER SOMMER
Peter Sommer ist hauptsächlich für seine plastischen Arbeiten bekannt. Er arbeitet viel mit Ton und anderen Erden, benutzt jedoch auch Material wie Holz, Sand, Fundstücke, Metalle und Steine.
Den Ton setzt Sommer aus verschiedenen Pulvern selbst an, so kann er die Farbigkeit seines Tons variieren. Somit durchdringen die Farbwerte auf der Oberfläche der jeweiligen Plastik das ganze Gebilde. "Mit Ton lassen sich Verletzlichkeit, Morbidität und Vergänglichkeit besonders gut ausdrücken. Das sind auch vorwiegend meine künstlerischen Themen", sagt Peter Sommer über sich selbst. Er "arbeitet mit dem (. ..) Blick des Archäologen auf unsere Jetztzeit." Ihm geht es um die Erkenntnis der menschlichen Vergänglichkeit. In seinen Kunstwerken werden unsere Kultur und wir selbst als bisher geschehene Geschichte begriffen. Sie werden
als Relikte (z.B. Grabplatten, Torsi, Scherben, Stoffreste) unserer Zivilisation dargestellt.
 
Johannes Töws
Weitere Infos aus einem Zeitungsartikel der NW vom 16. Mai 2008:
Mit generalüberholter Schwimminsel unter den Terrakotta-Körpern startete die pummelige Großfamilie jetzt, wie seit nunmehr über 25 Jahren, in die Fluten des Sees am Sennestadthaus. Die Insel war im Winter des vergangenen Jahres von einem Sturm erwischt und demoliert worden, so dass sich Dieter Tellenbröker vom gleichnamigen Sägewerk den Untersatz gründlich vornahm: „Im Grunde sind jetzt nur noch die Schwimmkörper von dem alten Gestell übrig.“
Der Oerlinghausener Künstler Peter Sommer hatte „Das große Strandstillleben“ Anfang der 1980er Jahre entworfen, zu sehen war es dann 1982 bei der Ausstellung „Skulptur I“. Die Sennestadt GmbH kaufte im Anschluss an die Veranstaltung damals drei der gezeigten Kunstwerke auf, darunter Sommers Strandszene.
15 Figuren sind es, die sich in jedem Frühjahr in einer neuen Aufstellung zusammenfinden, um die Tage auf der Insel zu verbringen. Gegen Ende des Jahres nimmt dann ein Tannenbaum den Platz ein, die Figuren überwintern im Sennestadthaus.
Inspiriert worden ist Sommer für sein Werk während eines Urlaubs in Italien. Am Strand habe er eine erschütternd unförmige Großfamilie gesehen: „Die hat mich inspiriert.“ So bestehen die Figuren nur aus wulstigen Körpern – ohne Gliedmaßen und ohne Köpfe.
Nicht alle Sennestädter konnten sich zu Beginn mit Derartigem anfreunden, ein paar Rabauken nahmen sie sogar mit dem Luftgewehr unter Beschuss. Aber das ist lange her, mittlerweile, so zeigt sich der Chef der Sennestadt GmbH, Bernhard Neugebauer, überzeugt, ist die Tonfamilie etabliert: „Sie gehört zur Sennestadt wie das Sennestadthaus.“